Junge Menschen, die sich in einer Ausbildung befinden, die weit entfernt von ihren ursprünglichen Berufsträumen liegt, brechen ihre Ausbildung mit größerer Wahrscheinlichkeit ab. Eine aktuelle Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hat ergeben, dass rund 13 Prozent der Auszubildenden, die sich mit ihrer Berufswahl stark kompromittiert fühlen, bereits im ersten Ausbildungsjahr vorzeitig aufhören. Im Gegensatz dazu lag die Abbruchrate bei denen, die ihre Berufsträume durch ihre Ausbildung verwirklichen konnten, bei nur 6 Prozent. Die Studie des BIBB analysierte die Risikofaktoren und Gründe für vorzeitige Ausbildungsabbrüche und basierte auf Langzeitdaten von etwa 7.000 jungen Erwachsenen, die im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) gesammelt wurden.
Die persönliche Wahrnehmung der Ausbildung spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Die gegenwärtige Einschätzung der Ausbildungssituation und Faktoren wie die Freude an der Ausbildung oder körperliche Belastung beeinflussen maßgeblich die Entscheidung, die Ausbildung vorzeitig zu beenden. Langfristige Überlegungen, wie die zukünftige Nützlichkeit der abgeschlossenen Ausbildung oder die Gehaltsaussichten, haben hingegen weniger Einfluss auf die Entscheidung, die Ausbildung vorzeitig abzubrechen oder fortzusetzen.
Eine weitere BIBB-Studie, die in der internationalen Fachzeitschrift „Social Forces“ veröffentlicht wurde, untersuchte den Einfluss von Kompromissen bezüglich des sozialen Status und der Geschlechterzusammensetzung in der beruflichen Bildung. Es stellte sich heraus, dass besonders geschlechtsuntypische Ausbildungen häufiger abgebrochen werden, wenn sie nicht den persönlichen Berufsträumen entsprechen.
In Deutschland werden seit 2010 durchschnittlich ein Viertel aller dualen Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst. Obwohl Schätzungen zeigen, dass etwa die Hälfte derjenigen, die vorzeitig aufhören, in eine andere Ausbildung wechseln und somit im Bildungssystem verbleiben, hat ein vorzeitiger Ausbildungsabbruch negative Auswirkungen auf den erfolgreichen Übergang von der Schule in den Beruf und kann sich später im Erwerbsleben junger Erwachsener nachteilig auswirken.
BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser betont: „Angesichts teilweise massiver Fachkräftemangel, der die Zukunft einiger Berufe und Branchen gefährdet, müssen wir entschlossen gegen derartige Entwicklungen auf dem Ausbildungsmarkt vorgehen. Der Schlüssel zur optimalen Unterstützung junger Menschen liegt in einer besseren Berufsorientierung während ihrer Schulzeit. Hierbei sollten ansprechende Formate verwendet werden, die den Jugendlichen mögliche Karrierewege in der beruflichen Bildung aufzeigen. Dies könnte beispielsweise durch verstärkten Einsatz von Ausbildungsbotschaftern und digitalen Ressourcen wie Berufe-TV erreicht werden. Unsere Studien zeigen jedoch auch, dass Praktika nach wie vor das effektivste Mittel sind, um junge Menschen auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten.“